Autonomiephase und Wutanfälle von Kindern verstehen
Die Wut deines Kindes bringt dich auf die Palme? – Was du wissen musst, damit die Autonomiephase leichter zu ertragen ist!
Wenn kleine Kinder wütend werden, ist der Umgang mit diesen Gefühlen für Eltern nicht immer ganz einfach.
Du fragst dich: “Warum wird mein Kind eigentlich wegen so einer Kleinigkeit so wütend? Ich hab die Banane falsch geschält – echt jetzt?”
Jaaa, solche oder so ähnliche Situationen kennst du bestimmt auch 😉 Um zu verstehen, warum Kinder wegen “Kleinigkeiten” so wütend werden und warum solche Situationen (insbesondere in der Autonomiephase und auch danach) keine Kleinigkeiten sind, solltest du folgendes wissen:
- Die Autonomiephase beginnt ab etwa einem Jahr:
Wobei das ist natürlich individuell ist. Manche Kinder beginnen mit 9 Monaten bereits sehr selbständig und willensstark zu werden. Andere warten mit diesem Entwicklungsschritt bis nach dem 1. Geburtstag.
Aber letztlich ist diese sogenannte Autonomiephase (die leider immer noch viel zu oft als Trotzphase abgetan wird) eine der wichtigsten Entwicklungsphasen überhaupt in der Menschwerdung. Ohne diese Phase zu durchlaufen, könnte kein Mensch als Erwachsener zurechtkommen – ist wirklich so!
Denn mit dem Beginn der Autonomiephase wird ein, bis ins Jugendalter voranschreitender Prozess eingeläutet. Es geht nämlich um nichts weniger als die emotionale Entwicklung eines Menschen. Konkret:
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- Gefühle erleben: Durch Situationen mit Gefühlen in Kontakt kommen.
- Gefühle erkennen: Durch Begleitung einer erwachsenen Person Erfahrungen mit Gefühlen machen. “Ah, so fühlt sich Traurigkeit an”
- Gefühle benennen: Worte dafür kennenlernen um langsam selbst in die Lage zu kommen, die eigenen Gefühle beim Namen zu nennen. “Ich weiß, dass das Trauer ist und kann das auch sagen”.
- Gefühle integrieren: “Ich habe gute Erfahrungen gemacht, wie ich mit Gefühlen umgehen kann.”
- Gefühle regulieren: “Ich weiß, dass ich gerade traurig und enttäuscht bin. Ich kann selbst beeinflussen, wie ich damit umgehe, ohne dass meine Emotionen mich total überwältigen.”
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Letztlich begleitet uns dieser Prozess dann auch noch bis ins Erwachsenenalter. Denn wir werden im Leben immer wieder mit neuen Situationen und Gefühlen konfrontiert sein.
Der Grundstein, wie wir damit umgehen können und wie gut unser eigenes Gespür für unsere Gefühle und der Umgang damit ist, wird jedoch in der frühen Kindheit gelegt.
- Die Gehirnentwicklung: Die emotionale Entwicklung passiert im Gehirn viel schneller als die kognitive Entwicklung.
Das Gehirn deines Kindes lebt sozusagen in Gefühlen. Und zwar ohne dass es diese Gefühle irgendwie selbst steuern oder regulieren kann. Sie sind einfach da.
Und manchmal kann das ein richtiger Cocktail an Gefühlen sein: Trauer, Schmerz, Wut- alles auf einmal. Für dein Kind ist das ordentlich überflutend – und mega anstrengend by the way. Das wird oft vergessen, wenn wir Eltern uns so angestrengt davon fühlen. Für dein Kind ist es da noch viiiel mehr.
Und: Je jünger dein Kind ist, um so weniger Zugriff hat es auf seine “Kognition”. Also alles, was sich mit Vernunft und durch Verstehen erfassen lässt. Dazu gehören z.B. zeitliches Denken, Abfolgen bzw. Reihenfolgen, Logik…
Große Gefühle und fehlende Kognition können eine ziemlich explosive Mischung sein.
Einerseits eine Flut von Gefühlen, die dein Kind überwältigen und die es nicht mit Begriffen benennen kann (versuch mal im Urlaub in einer dir fremden Sprache zu erklären, dass du gerne eine grünen Hosenknopf haben möchtest. Und nein niemand spricht dort englisch 😉 So ungefähr fühlt sich das für dein Kind an, weil dein Kind noch keine Worte für seine Gefühle hat. Dafür braucht es dich und viel Übung.
Andererseits hat dein Kind keine Möglichkeit beispielsweise zu denken “Ah, warte mal. Die Banane ist jetzt komisch geschält. Da liegt noch eine, die schmeckt genau so. Dann esse ich halt diese.”
Stattdessen explodiert dein Kind und eure Welt steht Kopf.
- Was passiert also konkret, wenn dein Kind wütend wird?
Nehmen wir mal an, dein Kind hat ne tolle Idee. Ja, das wird in der Autonomiephase immer und immer wieder vorkommen – es geht schließlich darum, dass dein Kind autonom, also selbständig wird. Es entdeckt sich als eigenständiger Menschen mit eigenen hyper-tollen super krassen Ideen, die es natürlich umsetzen will.
DENN: Dein Kind hat aufgrund der fehlenden bzw. wenigen Kognition keine Möglichkeit, von seinem Plan abzurücken und umzuplanen. Weil dafür wäre z.B. zeitliches Denken nötig. “Ok, geht grad nicht. Machen wir dann später.”
Sagen wir mal: Es will genau jetzt einen Kuchen backen!
“Wenn du nun jedoch sowas sagst wie “Nein, das klappt jetzt gerade nicht. Das können wir am Nachmittag machen”, dann ist dein Kind urplötzlich in großer Not.
Das Dilemma: Zwei unterschiedliche Interessen oder Bedürfnisse prallen aufeinander.
Der Plan den dein Kind hat geht nicht auf. Es kann nicht umplanen. Es fühlt sich ohnmächtig und seine eigene kleine Welt bricht gerade völlig in sich zusammen.
Dann kommen die Emotionen hinzu z.B. die Trauer und der Schmerz, dass es jetzt seinen Plan nicht in die Tat umsetzen kann. Und dein Kind fühlt sich wie gefangen in diesem Schmerz. Wird davon komplett überflutet und es geht: Nichts mehr! Rein garnichts! Totaler Error!
Oft ist es dann so, dass dein Kind zu allem – egal was du anbietest – einfach nur noch “Nein!!” sagen kann. Egal wie verlockend deine Idee ist.
Denn, wie oben geschrieben: Keine Möglichkeit umzuplanen heißt dann einfach: “Nein zu allem!”
Die Reaktionen fallen da je nach Temperament unterschiedlich aus. Von weinen, schreien, sich auf den Boden werfen, um sich schlagen, auf dich losgehen bis hin zu Dinge zerstören, … das ist alles im absoluten Normalbereich für Kinder, die von ihren Gefühlen überflutet sind!
Auch wenn es echt anstrengend und herausfordernd sein kann, solche Wutanfälle beziehungsorientiert und in Verbindung zu begleiten.
Leider wird dieses ganz normale und natürlich Verhalten von Kindern, trotz mittlerweile weit verbreitetem Wissen über die Autonomiephase, als Trotz wahrgenommen.
Den Kindern wird unterstellt, sie tun das mit Absicht. Um zu manipulieren und zu tyrannisieren. Um ihren Willen durchzuboxen und den Erwachsenen auf der Nase herum zu tanzen! Was natürlich absoluter Quatsch ist!!
Diese Phase gehört zum Bauplan der Natur dazu. Kein Baby kommt auf die Welt, um schon total gechillt mit nem Jahr zu sagen: “Ey Mama, du Papa, kommt grad nicht so cool, dass wir jetzt vom Spielplatz heim müssen. Ich hab grad so viel Spaß und bin total traurig, wenn ich jetzt mitkommen muss!” Stell sich das mal einer vor!
Also nein, haut so nicht hin. Auch wenn es echt verdammt anstrengend sein kann – I feel you soooo much!! Durch die Autonomiephase musst du mit deinem Kind durch. Die Ausprägung, wie doll euch diese Phase durchrüttelt, hängt von der Persönlichkeit deines Kindes ab (und natürlich auch von deiner 😉
Aber musst du jetzt befürchten, dass dein Kind zum unsozialen Tyrannenkind wird? Musst du dein Kind nicht dazu erziehen, dass es nicht ständig seinen Willen haben kann?
Für diesen Artikel halte ich es kurz: Zweimal Nö 😉 Du darfst da sein für dein Kind. Ohne in seinem Verhalten etwas Böses zu sehen, das richtig hinerzogen werden muss. Sondern du darfst die Not, in der es gerade ist begleiten.
Du willst dazu noch mehr wissen?
Wie du dich verhalten sollst, wenn dein Kind so außer sich ist? Und wie du mit der Autonomiephase entspannter umgehen kannst?
Darum wird es im nächsten Blog-Beitrag “Wie du die Wutanfälle deines Kindes gekonnt meisterst!” gehen!
Dich bringt das Verhalten deines Kindes manchmal ganz schön auf die Palme? Dabei willst du viel lieber runter und in der Hängematte ne Kokosnuss schlürfen – mit Schirmchen?
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